Karl Herbert Scheer (KHS), Schriftsteller aus Harheim,
Schöpfer von Folgen und Büchern „Perry Rhodan“
Der KVH hat die NEO-Reihe Band 1 - 13 erworben. Die Bücher können über raedres.wendler@arcor.de ausgeliehen werden!
Zum Vortrag im KVH am 02.11.2011: „K.H Scheer – ein Schriftsteller aus Harheim,
viel gelesen, aber weithin unbekannt“ von Margot Schäfer und Karlheinz Fritz
Margot Schäfer recherchierte: Karl (Taufname) Scheer, wurde in Harheim am 19.06.1928 in Harheim in der Bonameser Landstraße (Korffstraße) geboren und ist 1991 verstorben.
Sein Großvater Ludwig Scheer, geb. am 26.12.1842 in Ranstadt bei Bad Hersfeld, evangelisch, Maurer, der am Homburger Schloss mitbaute, zog nach Harheim, wo er am 14.01.1914 starb. Er heiratete 1897 die Witwe des Johann Michael Schäfer, Helene Katharina, geb. Häussler, geb. am 01.10.1858 in Ober-Erlenbach. Aus der Ehe ihres verstorbenen ersten Mannes, Johann Michael Schäfer, katholisch, gingen Friedrich Wilhelm Schäfer, geb. 26.09.1884 in Harheim, und Katharina Helena Schäfer, geb. 14.06.1887 in Harheim, verheiratete Macker, hervor. Über die Familie des Johann Michael Schäfer ist die Familie von Margot Schäfer, 2. Vors. des KVH, mit KHS verwandt, ebenso das KVH-Mitglied Greta Dewald.
Ludwig Scheers Sohn Karl Scheer wurde am 13.01.1901 in der Bonameser Landstraße (Korffstraße) geboren, der 1923 Susanne Steubesandt aus Heddernheim heiratete. Beide waren evangelisch. Sie war Verkäuferin in einem Juweliergeschäft, Karl Scheer Feinmechaniker in einem Produktionsbetrieb für Arzt- und Zahnarztbedarf. Zudem war er ein begeisterter Turner und baute mit seinen Sports-freunden ein Einfamilienhaus in Harheim. Sie bezogen 1930 den Neubau in der Nieder-Erlenbacher Str. 24 (Maßbornstraße, neben Gangel). Das Haus stand allein auf weiter Flur. Der nächste Nachbar lebte ¼ Stunde entfernt.
Am 19.06.1928 kam Karl Scheer junior zur Welt. Sein Taufpate war Karl Macker aus Harheim. Den zweiten Vornamen Herbert legte sich Karl Scheer jun. als Künstlername erst später zu und ließ ihn sich eintragen. KHS holte die Milch vom Bauernhof über ungepflasterte Wege. Sonntags fuhr er mit dem Kraftrad mit Freunden in den Taunus.
Seine Mutter, Susanne Scheer, geb. Steubesandt, fühlte sich nicht wohl auf dem Land in der Abge-schiedenheit. So verkauften die Eltern des KHS ihr Haus in Harheim an einen Polizisten, der in Raten den Kaufpreis abzahlen konnte. Die junge Familie zog nach Hedernheim zur Familie Steubesandt, aber schon bald, 1934, nach Frankfurt-Bornheim, wo sie das Haus in der Burgstr. 130 erwarb.
Margot Schäfer (unter Verweis auf www.perry-rhodan.net, 2001 Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt, Druck Pößneck, ISBN 3-81 18-7514-0) brachte über das Leben des KHS viel für einen Vortrag beim KVH am 02.11.2011 in Erfahrung. Für Mitschüler machte KHS schon früh Aufgabenhilfe, schrieb auch Aufsätze und Hausarbeiten für sie. Hier zeigte sich bereits seine schriftstellerische Begabung. KHS wurde 1938 in die Helmholtz-Oberrealschule eingeschult. Mit dem Wechsel war der obligatorische Eintritt in die Hitlerjugend verbunden, wo eine Erziehung zum wehrtüchtigen Deutschen nach fanatischem nationalsozialistischem Vorbild erstrebt wurde und er zum Erntehelfer-Einsatz kam.
Er schloss seine Schulausbildung mit Mittlerer Reife, dem Einjährigen, 1944 ab. Auf dem Gymnasium verdiente er sich Taschengeld mit Nachhilfe und Verfassen von Texten. Es wurde sein naturwissen-schaftlich-technisches Interesse, das auch sein Vater hatte, geweckt und gefördert. Chemie, Physik und Elektrotechnik waren seine Lieblingsfächer. Noch 1944, im 17. Lebensjahr, meldete sich KHS als Kriegsfreiwilliger zur Marine, war Marineoffiziersanwärter und schlug die Marine-Ingenieur-Laufbahn ein, eine technische Laufbahn in der Marine-Lehrdivision Kiel. Damit vermied er eine Frontverwen-dung vor dem Volkssturmerlass vom 25.09.1944. 1945 erhielt er den Reifevermerk und musste nach einer Angina wegen Diphterie Genesungsurlaub antreten. Als der Krieg am 08. Mai 1945 endete, kam er nicht in Kriegsgefangenschaft.
Er spielte gut Gitarre spielen, wodurch er die Familie versorgen konnte. Er spielte dann auch Tenor-saxophon und Klarinette und später auch Parforcehorn in seinem Jagd-(Schützen-)verein. Er las viel, darunter technische Zukunftsromane von Kurt Laßwitz, Hans Dominik und Jules Verne, auch ameri-kanische Taschenbücher, und fing an zu schreiben. Er war sehr produktiv. Zukunftsromane und –stücke im All flossen ihm viele aus der Feder. Der Astronaut Perry Rhodan im All war sein Held in erfolgreicher Science-Fiction-Serie. In der Wochenendzeitung „Das grüne Blatt“ veröffentlichte er Zukunftsromane, „Science Fiction“-Romane. 1948 trat sein erster Erfolg ein: „Ein Stern funkt Hilfe“, ein Roman, der an das „Grüne Blatt“ verkaufen konnte.
M. Schäfer hält in der Lebensbeschreibung des KHS fest: Da er keine abgeschlossene Berufsausbil-dung hatte, spielte er Jazz mit anderen Jungmusikern in einer Kleinband in Offiziersklubs und Solda-tenkneipen. „So kam er öfter an Lebensmittel durch Büffets. Die Begeisterung für Swing-Musik begleitete ihn ein Leben lang. Tagsüber besuchte er Vorlesungen über Maschinenbau an der TH Darmstadt. Aufgrund eines Reifevermerks hatte er ein Notabitur machen können. Die Musikveranstaltungen oft Nächte hindurch, verursachten Studienversäumnisse, so dass er das Studium bald aufgeben musste.“
Die Familie Karl Scheer sen. war 1953 nach Friedrichsdorf in einen Mietbungalow, An den 30 Morgen, gezogen. Dort trat er in seine geliebte Schützengesellschaft ein. Von 1952 – 1954 legte er in drei Jahren 26 Romane vor.
M. Schäfer schreibt: Nach der 9. Forstsetzung im „Grünen Blatt“ trat der Verleger Nowack an ihn heran, ob er in seinem Reihenbuch-Verlag ganze Romanserien verfassen wolle. Welch eine Frage! 1953 z. B. erschienen 15 Veröffentlichungen! Drunter drei in Rahera-Trilogie: „Der rätselhafte Planet, Die Macht der Ahnen, Der Ruf der Erde“, oder im „Venus-Zeiteiler“ „Stern der Rätsel, Brennpunkt Venus“, oder im Weltraumstation-Zyklus: Das große Projekt, „Weltraumstation I, Sprung ins All, Kampf um den Mond“, sämtlich im Reihenbuch-Verlag. Ebenso „Die Fregatte der Königs, Gallione des Teufels, Glocke des Todes, Sklavenschiff mit den drei Köpfen u. a.“
1955 – 1959 erschienen „Pulsar ZBV“ und „Nova Stellaris“, 1954 „Utopia Großband, Meteoriten“. Durch den Schriftsteller und Redakteur Walter Ernsting (Künstlername Clark Darlton) bildete sich ein Science-Fiction-Club in Deutschland. KHS trat ihm 1955 als 125. Mitglied bei. Jährlich folgten um 15 Veröffentlichungen.
KHS schickte in der Dachkammer des Zweifamilienhauses in Friedrichsdorf bei Bad Homburg auf einem Zeichenblock sein erstes Raumschiff ins All, was auch ein Anliegen von Wernher v. Braun mit dem Start zum Mond 20 Jahre später sein sollte. 1944 hatte er den Raketenforscher v. Braun in einer Soldatenkneipe in Peenemünde kennengelernt. Die Bild-Zeitung schrieb: Bestseller-Autor ist schon zum Sonnensystem vorgestoßen. Perry Rhodan und seine Mannen starteten 1971 mit „Stardust zum Mond“ und 1968 „GWA-Agent HC-9“, so lautet eine Taschenbuchausgabe.
1960/61 gab Kurt Bernhardt eine neue Science-Fiction-Serie in Auftrag. Verlagschef war Rolf Heyne. Benötigt wurden 30 oder 50 Romane in einer Gesamtkonzeption. Die Hauptfigur, der Held, solle Perry Rhodan heißen auf Walter Ernstings Vorschlag. Scheer bediente sich hierfür auch seines eigenen Romanwerks. 1961 lag der erste Heftroman im Exposé vor.
1961 heiratete er Heidrun Overmann aus Bielefeld, die Angestellte im Verlag Delins, Klassing & Co in Bielefeld war. Wie Margot Schäfer von ihr erfuhr, lernte sich das Paar auf der Frankfurter Buchmesse 1959 kennen. Sie stand als gelernte Buchhändlerin für ihren Verlag am Stand, die Kollegin Zimmer-mann für Balowa. „Ihr fiel ein mittelgroßer, lebhafter Mann mit Geheimratsecken auf, etwa 30 Jahre alt. Am folgenden Abend bot KHS an, die Damen zum Äppelwoi nach Sachenhausen zu führen. Nach einer Kneiptour landeten sie in der Astoria-Bar, in der auch getanzt wurde. Die Kollegin fragte Heidrun O: „Was, Sie kennen KHS nicht?“ Man stellte sich gegenseitig vor, Heidrun aber mit falschem Namen Heidrun Mayer. Tags darauf verabredete man sich für 10 Uhr. KHS kam mit einem Buch – Pronto 1318 – als kleines Dankeschön für den vergangenen Abend mit Widmung für Fräulein Mayer. Nun musste sie Farbe bekennen. Das tat der neuen Bekanntschaft keinen Abbruch, sondern man verabredete sich in drei Wochen in Bielefeld. Er kam nicht. Erst zwei Stunden nach Termin kam er dann, weil er die Fahrzeit nach Bielefeld unterschätzt hatte. Die wortreiche Entschuldigung musste sie annehmen. Am Abend erstattete sie ihren Eltern Bericht und mit Vorbehalt für einen neuen Termin zum Kaffeetrinken. Am 05.06.1916 verlobten sie sich. Zum 31.01.1961 kündigte sie ihre Stellung im Verlag, zog nach Friedrichsdorf und heiratete ihn am 28.04.1961.“
1961 begannen KHS und W. Ernsting ein gemeinsames Projekt: „Perry Rhodan – Das Erbe des Universums“, eine Romanreihe im Moewig-Verlag München. 1962 wurde der Verlagsvertrag mit dem Moewig-Verlag geschlossen. Er erhielt alle Urheberrechte an der Perry Rhodan-Serie. W. Ernsting schrieb unter seinem Künstlernamen Clark Darlton. Schon das erste Heft „Unternehmen Stardust“ vom 08.08.61 war ein voller Erfolg. Die erste Auflage von 35.000 Exemplaren war sofort verkauft. Der Verlag musste nachdrucken und erhöhte das Honorar von 600 auf 650 DM pro Auflage. 1962 waren 50 Romanhefte erschienen, bis 1973 80, im Sept. 1982 das 100. Heft der Perry-Rhodan-Serie : „Der Zielstern“, Bearbeitung: William Voltz, Autoren: Karl Brand, Clark Darlton, K. H. Scheer, William Voltz. Kurt Brand hatte an der Serie auch fleißig mitgeschrieben. Zwischen dem Verlag kam es dann aber zum Krach, da Brand mit Raumschiffszahlen, Kampfhandlungen und Personenbeschreibungen sehr freizügig umging. So kündigte Scheer Kurt Brand. Dieser veranlasste den Martin-Kelter Verlag zu Konkurrenzproduktionen mit seiner Hilfe. KHS arbeitete mit Horst Gehrmann zusammen.
Es änderte sich die Arbeit der Autoren, wie Margot Schäfer schreibt. Mitautoren brachten rahmen-genaue Entwürfe ins virtuelle Leben. Ab 1974 ging die Federführung der Perry-Rhodan-Serie auf den Mitautor William Voltz über.
Familie Karl Scheer sen. hatte 1963 ein Haus in Dillingen erworben. Dort zog auch Ehefrau Heidrun ins Haus ein. 1964 kam ihre Tochter Corinna Scheer zur Welt.
Verfilmt wurde der Perry Rhodan-Film „SOS aus dem Weltraum“. 1967 wurde KHS der Ideenassistent William Voltz zur Seite gestellt. Hans Kneifel schrieb Orion-Romane, Heft 306, 318, 319, und später noch andere Space-Thriller. M. Schäfer schreibt weiter: Zukunftsforscher und Atomkraftgegener Robert Jungk kritisierte Perry Rhodan als Ersatzhitler und Imperialist, Hitler des planetarischen Zeitalters. Dies spräche für manche Rückständigkeit in Deutschland. Aber in USA lachte man über den Superman. Pardon und Konkret übten Kritik in der Zeit der APO. Die Verkaufszahlen erlitten einen Einbruch. Heft 400 setzte im Jahr 3430 an.
„1969 bis 1972 erschien wöchentlich die ATLAN-Serie. KHS hatte sich überanstrengt. Schmerhafte Entzündungen zwangen ihn zur Ruhe. 1967 hielt er an der Uni Frankfurt einer Eröffnungsrede über Aufbau und Konzept der Perry Rhodan-Con. Ab Heft 278 1967 war eine Lexikon-Seite am Romanende erschienen. Die Beiträge wurden für ein Lexikon zusammengestellt. Co-Autor war seine Ehefrau Heidrun Scheer. Für die Hummel-Werke wurden die Perry Rhodan-Spielfiguren gestaltet. Den Jubilä-umsband 500 schrieb KHS im Bett. Er konnte Termine nicht einhalten. Willi Voltz und H. Kneifel sollten die nächsten elf Ausgaben schreiben zur Entlastung, was auch geschah. Die Zusammenarbeit mit William Voltz steigerte sich. Es kam zu wöchentlichen Zusammenkünften. Spannung durch geheimnisvolle Verwicklungen war die beginnende Handlungsmaxime. 1971 war Heft 515 fertig. Klaus Mahn gehörte auch zu den Rhodan-Autoren.“
„Die Serie war international geworden. Lizenzausgaben gab es in vielen Ländern. Der Moewig-Verlag ging in die Hrch. Bauer KG über, dann mit Erich Pabel Verlag zusammengefasst in München. 1972 gab es die dritte Auflage der Perry-Rhodan-Serie. 1973 legte Scheer die Exposé-Erstellung für die ATLAN-Serie in die Hände von Willi Voltz, der die Arbeit ab Heft 81 übernahm. Die Schwestern-Serie hatte sich schon mit Heft 50 vom herkömmlichen Zyklenschema gelöst und wartete nur noch mit Mehr-teilern unterschiedlicher Länge auf. Die Haupthelden im 29. Jh. waren nicht nur mehr Tekener und Kennon, sondern wechselnde USO-Agenten, die sich hauptsächlich mit Aggressionen neuer Men-schenreiche gegen das solare Imperium des Perry Rhodan auseinanderzusetzen hatten. Mit Heft 78 war die Serie auf wöchentliches Erscheinen umgestellt worden.“
„Mit Heft 650 begann die Voltz-Ära des Perry-Rhodan-Zyklus. 1973/74 wurde der Wechsel bekannt gegeben. Aus Scheers Unterlagen geht seine weitere Mitarbeit bis Heft 680 hervor. Er verfasste Datenblätter des Exposés, Ausarbeitungen und Hintergründe meist technischer Art zu den Exposé- Inhalten. Trotz Ausheilung seiner Gelbsucht regenerierte sich seine Gesundheit nicht völlig. Der wöchentliche Termindruck tat sein Übriges. Die in den Heften 600 bis 649 geschilderten Abenteuer erzeugten eine negative Leserresonanz. Das Konzept unter Führung von Willi Voltz kam zur Überarbeitung. Scheer kam das Angebot, seine neben Perry-Rhodan erfolgreichste Serie ZbV im Allein-gang weiter fortzuschreiben, recht.
Es erschien die Amerikanische Lizenzausgabe: Perry Rhodan-Heftroman, Band 39, „Die Welt der drei Planeten“ von K.H. Scheer, ferner die Brasilianische Lizenzausgabe … Heftroman Bd. 1, „Unterneh-men Stardust“ von K.H. Scheer.
Mitte der 70er Jahre verabschiedete sich Scheer von der Exposé-Gestaltung. Der Druck wich nun von ihm. Er begann, wieder zu musizieren. Wegen Krankheit begann Klaus Mahn für Band 20 die Ausar-beitung des Exposés der ZbV-Bände, ebenso 20 und 26. Die ZbV-Taschenbücher erschienen vierwö-chentlich. Wegen Termindrucks ließ sich Scheer immer wieder entlasten. In der Kritik wurden die „Gast“-Romane bemängelt. 1976 erschienen die ersten Bände der K.H.Scheer „Utopia“-Bestseller-Reihe. In 44 Taschenbüchern wurden seine serienunabhängigen SF-Romane nachgedruckt. 1978 kam die ZbV-Serie in Neuauflage heraus. Im März 1977 wurde die Serie mit Band 49 vorläufig beendet. Die Bände hatten zu besten Zeiten eine Verkaufsauflage von 42.000 erreicht. Ab 1978 sollte PERRY RHODAN in Buchform erscheinen, in überarbeiteter Form. Scheer sollte ein Ideenhonorar erhalten und W. Voltz die Überarbeitung übernehmen.
1979 starben beide Eltern von Scheer. Im Okt. 1980 sollte das PERRY RHODAN 1000-Heft erscheinen. Dieser Roman („Der Terraner“) von Willi Voltz zählt zu den besten Romanen der Serie überhaupt. 430 Seiten mit acht Kurzgeschichten. Auch Scheer war mit einer Novelle vertreten. 1980 wurde der erste PERRY RHODAN- Weltkongress veranstaltet. Auch Erich v. Däniken war erschienen. Eine Hepatitis hatte bei KHS Funktionsstörungen der Niere und Leber hinterlassen. Wegen völligen Verzichts auf Alkohol ging es ihm aber wesentlich besser, was er nach einer vierwöchigen Grippe mit seinem Arzt herausgefunden hatte. Er konnte mit W. Voltz einen Wiedereinstieg in die Serie vorbereiten. Scheers Comeback erbrachte vier Hefte 1981 – 1982. Bernhardt starb 1983, Voltz an Lungenkrebs 1984. 1983 war sein letzter Roman erschienen. „Einsteins Tränen“ als Band 1165. Mit ihm verlor die Serie ihren beliebtesten Autor. Die Redaktion der Silberbände wurde von Horst Hoffmann übernommen. Die Exposé-Redaktion ging aus Ernst Vlcek und Rainer Zuball über.
Scheer war abgemagert und ein starker Raucher. 1985 gelang ihm der erneute Einstieg in die Perry-Rhodan-Serie. 1987 wurde Horst Hoffmann nach vierjähriger Tätigkeit von dem SF-Kenner Dr. Flirian Marzin als Chefredakteur der Perry-Rhodan-Serie abgelöst. Der Boom der 80er Jahre brach wegen Überproduktion ein. Scheer lieferte wieder regelmäßig Serienbeiträge ab. 1990 hielt KHS eine Lesung im Friedrichsdorfer Rathaus, wo er als Schriftsteller geehrt und gewürdigt wurde. Am 12.05.1990, das von KHS geschriebene Heft 1498 „Rhodans Tod“, war gerade erschienen, trafen die rührigen Fans Math. Hoffmann und Rüdiger Schäfer zu einem Interview in Friedrichsdorf ein. KHS hatte das Exposé für Heft 1580 erhalten, gab es aber aus gesundheitlichen Gründen ab. Er bekam eine Lungen- und Rippenfellentzündung und starb am 15.09.1991 im Krankenhaus Bad Homburg. Im August hatte das 30j. Jubiläum der Serie Perry Rhodan Weltcon(ferenz) in Karlsruhe mit vielen Ehrengästen stattge-funden. Auf großen Wandblättern schrieben die Fans Genesungswünsche an KHS. Am 19.09.1991 wurde er in Dillingen auf dem Waldfriedhof beerdigt.“
Karlheinz Fritz – aus seinem Vortrag am 02.11.2011 und Aufzeichnungen vom 22.11.2011
Perry Rhodan schrieb 1961 die über die Zukunft der Menschheit.
Im Jahre 1971 stehen sich auf der Erde drei Machtblöcke gegenüber: 1. Der Westblock unter Führung der USA, 2. Ein von China dominierter Ostblock und 3. Ein moskauhöriger osteuropäischer Block. Ein III. Weltkrieg droht durch Atombombeneinsatz die gesamte Menschheit zu vernichten. Die Politiker der drei Blöcke suchen durch einen Wettlauf zum Mond die Übermacht zu erringen. Der Westblock siegt. Ein westliches Raumschiff muss auf der Rückseite des Mondes notlanden unter dem Kommandeur P. Rhodan. Dort treffen sie ein havariertes Raumschiff eines anderen Sterns. Mit Hilfe des technischen Wissens der außerirdischen Raumfahrer gelingt es P. Rhodan, den Atomkrieg zu verhindern. Den Führern der drei Blöcke missfällt das. Sie erklären Perry Rhodan zum Weltfeind Nr. 1. P. Rhodan flieht. In der Wüste Gobi errichtet er mit Gleichgesinnten ein staatsähnliches Gebilde. Von dort aus erkundet er die Sternenwelt der Milchstraße und reist dabei von Abenteuer zu Abenteuer.
KHS - die FLAK-Helfer-Generation -
Mit der zeitlichen Entwicklung des II. Weltkriegs wurden nach und nach auch Nichtwehrpflichtige zum militärischen Hilfsdienst herangezogen. An 1943 betraf dies die Oberschüler der 10. Klasse. Sie wurden als Hilfskanoniere in den Fliegerabwehrstellungen der Großstädte kaserniert und erhielten stahlblaue Uniformen – sog. FLAK-Helfer. Es gab auch andere Einsatzarten ohne Uniformen: Sanitätsdienst, Meldeläufer im Feuerwehrdienst u. a. Krass war die Rekrutierung zur „Panzervernichtungsbrigade Hessen-Nassau“. Diese wurde noch uniformiert, kam aber nicht mehr
zum Einsatz.
Diese jungen Leute besaßen am Ende des Krieges keine berufliche Ausbildung, allenfalls ein Reifezeugnis, das einem Abgangszeugnis der 10. Klasse entsprach und zum Eintritt in die „Offizierslaufbahn“ berechtigte. Diese Jahrgänge 1927 – 1930 wurden in den späteren Jahren gern als die „FLAK-Generation“ bezeichnet.
K.H. Scheer ist ein Schriftsteller aus Harheim, viel gelesen, aber weithin unbekannt. Ist das eine widersprüchliche Einschätzung?
Nun, im Feuilleton der FAZ vom 21.08.2011 skizziert sich der Romanschriftsteller Jan Brandt als einen Ostfriesen, der als Junge in den 70er Jahren viel zu früh und viel zu intensiv „Perry-Rhodan-Heftchen“ gelesen hat. Der Verfasser K.H. Scheer wird nicht genannt. Und wenn ich seine hiesigen Altersgenossen gefragt habe, war die Antwort: „Ja, habe ich auch gelesen.“ Aber der Name K. H. Scheer war ihnen nicht bewusst.
Das Gegenteil habe ich auch erlebt. Vor zehn Tagen spricht mich eine ältere Frau aus Harheim an: „Wer ist dann der Dichter, der aus Harheim stammen soll?“ Der Familienname Scheer war ihr freilich nicht unbekannt. Aber „K. H. Scheer“? Wir meinen, das hiesige Publikum sollte wissen, um wen es sich bei KHS dreht: Wer könnte uns besser über die Familie Scheer berichten als unsere geschätzte Margot Schäfer, belesen in der einschlägigen Literatur.
Wer in der Nachkriegszeit von der Schriftstellerei leben wollte, hatte vier Möglichkeiten:
Das Schreiben von
1. Fortsetzungsromanen für Wochenendzeitungen
2. Billige Kurzromane in Heftformat – wie die Leseromane, 50 Seiten – 50 Pf. -
3. Taschenbücher mit bekanntem Hintergrund: Wildwest, Ärztemilieu, Detektivgeschichten
4. Spannende Romane mit zeitgenössischen Themen „08/15“ (Kirst), „Der Arzt von Stalingrad“ (Konsalik), „Es muss nicht immer Kaviar sein“.
Die Bücher musste man nicht immer kaufen. Damals gab es noch private Leihbüchereien, die Romane jeden Inhalts zum Leihen für wenig Geld anboten ( 30 Pf. Für eine Woche). Wie wichtig diese Leihbü-chereien genommen wurden, zeigt die Tatsache, dass für sie ein eigenes Buchformat gedruckt wurde: Dickes Papier, steifer Einband, niedriger Preis: Leihbuchformat. Damit schaffte man sich in der Literaturgeschichte keinen Namen. Aber man konnte davon leben, wen man es in die Angebotslisten der entsprechenden Verlage gebracht hatte.
Zusammenfassung
1. Das Leben kann Karl Herbert Scheers (KHS) zeigt das Abbild des Schicksals eines Heranwachsenden aus der „FLAK-Helfer-Generation“, die nach den Wirren des Zusammenbruchs 1945 ohne Ausbildung und ohne wesentliche Unterstützung einer hilflosen Familie ihr Leben meistern musste. Wirtschaft und öffentliches Leben lagen darnieder. Essen, Kleidung, Heizmaterial waren dürftig. KHS besann sich auf seine Fähigkeiten als Gitarrist. Das Rhein-Main-Gebiet war eine riesige US-Garnison: Zehntausen-de von GIs mussten unterhalten werden. Das Geschäft seiner schnell zusammengestellten Combo lief in den Soldatenbars ertragreich. Essen und Trinken im Überfluss, dazu Zigaretten, als Trinkgeld gedacht, aber damals die einzige gültige Währung auf dem Schwarzmarkt, für Familie Scheer überlebenswichtig. Dazu kamen amerikanische Taschenbücher, von der Truppenbetreuung verteilt: Krimis, Western, Sciencefiction, Bestseller – auf schlechtem Papier, zum Lesen und Wegwerfen. KHS begann, sie auf Deutsch nachzuempfinden und hatte bald Erfolg: Sein Roman „Stern A funkt Hilfe“ wurde als Fortsetzungsroman von einer Wochenendzeitschrift veröffentlicht. Eine Reihe von Romanen des genannten Genre folgt. 1961 kam ein Bombenerfolg: Er schrieb gemeinsam mit einem Freund die Sciencefiction-Serie „Perry Rhodan – der Erbe des Universums“ in Heftformat. Schon die erste Lieferung von 35.000 Stück war sofort ausverkauft.
2. Die Namen der Autoren waren für den jungen Leser Nebensache. Der Romanheld war prägnant beschrieben und seine Abenteuer so mitreißend, dass „Perry Rhodan“ stellvertretend für den Autor benutzt wurde. Auch in Harheim war das nicht anders. Dazu kam, dass „Karl Herbert Scheer“, wie Margot Schäfer herausfand, ein geschützter Künstlername war. Sein bescheidener Taufname Karl Scheer wäre im Literaturgeschäft wenig hilfreich gewesen. Als Scheerekarl war er freilich in Harheim nicht gänzlich unbekannt. Mit der Heddernheimer Verwandtschaft war der Umgang enger. Dort kannte man auch den Beruf „Schriftsteller“.
3. Karl Herbert Scheer wird als Autor der erfolgreichen Science-Fiction-Serie „Perry Rhodan – der Erbe des Universums“ auch einmal in einem weitspannenden Lexikon erwähnt wie andere Kolportageschreiber, z. B. Christian August Vulpius (Goethes Schwager). Seine herausragende Rolle im Literaturgeschäft besteht darin, ein System entwickelt zu haben, in dem mehrere Autoren an einem Roman schreiben können, ohne dass sich Widersprüche im Ablauf der Handlung oder in der Darstellung des Charakters von Personen, Örtlichkeiten oder den phantasievollen Raumfahrttech-niken ergeben. Notwendig waren rahmengenaue Exposés sowie Datenblätter, an die sich die jewei-ligen Mitautoren genau zu halten hatten. Ihre Entwürfe von Teilen der jeweiligen Druckserie wurden von einem Hauptautor überarbeitet und dann von den Lektoren des Verlags nach einer letzten Überprüfung zum Druck freigegeben. So konnten die Hefte der Perry-Rhodan-Serie auch parallel ausgearbeitet werden. Nach diesem System wird an der Romanreihe auch heute noch gearbeitet – 20 Jahre nach dem Tod von Karl (Herbert) Scheer. Es gibt bereits über 4000 Druckfolgen in Deutschland, Holland, England, Frankreich und Japan.
Was bedeutet das Wort „Federführung“?
Wenn mehrere Personen an einem langwierigen Projekt arbeiten, muss einer darüber wachen, dass alle an einem Strang ziehen und zwar in Wort und Tat. Die Romanreihe „Perry Rhodan“ wurde so aufgebaut, dass verschiedene Mitautoren jeweils eine Ausgabenreihe übertragen wurde. KHS und Clark Darlton lieferten dazu jeweils einen Entwurf in Stichworten und ein Datenblatt mit genauen Angaben zum Charakter und zur äußeren Erscheinung der Personen, aber auch in Hinsicht der ört-lichen und technischen Gegebenheiten. Das Manuskript wurde dann von KHS überarbeitet und zum Druck freigegeben. Selbst kleinere Widersprüche zwischen einzelnen Ausgaben sollte so vermieden werden. KHS war dabei wohl sehr genau.
Die FNP berichtete 2006 (vor dem 20.02.2006, Autor „kim“) „Perry Rhodan kommt aus Harheim …“, dass die Groschenheft-Figur zum Mythos geworden sei und den Schöpfer Karl Herbert Scheer selbst überdauere. Auch nach seinem Tod lebe er mit seinen Begleitern, unterwegs an Bord des Fernraumschiffs Sol, weiter. Sie wollen die in der Unendlichkeit verschwundene Erde wieder finden. Das ist der Inhalt des am 25.09.2005 erschienenen Buchs „Das Modul“. Es trägt die Nr. 92 und stammt aus der Reihe der Silberbände, die die Geschichte von Perry Rhodan in sorgfältig überar-beiteter Neuedition der klassischen Heftchenromane von Anfang an erzählt. Mit dem Heft „Unter-nehmen Stardust“ startete der Kosmonaut – damals noch als US-Major Perry Rhodan – sein erstes Unternehmen. Das erste Reiseziel war schlicht der Mond. Damals schrieb KHS noch selbst. Anfang der 60er kündigte sich der Welterfolg für Rhodan an. Zu der Zeit glaubten noch viele, der Mensch werde niemals auf dem Mond landen. Der Nürnberger Verleger, dem Scheer 1947 seine Zukunftsvisionen verkaufen wollte, wollte ihm die Polizei und den Irrenarzt auf den Hals schicken. „Seine Faszination für alles Technisch-Fiktive und voraussichtlich Machbare sowie die Vorliebe für die Schriftsteller Jules Verne und Hans Dominik drückten seinen Romanen, die häufig in Zeitschriften als Fortsetzungsromane veröffentlicht wurden, den Stempel auf. Von seinem Verleger Wilhelm Heyne wurde Scheer dann 1990 damit beauftragt, „eine Serie über die denkbare Geschichte der Menschheit in der Zukunft mit einem feststehenden Helden zu schreiben“, wie die FNP rund 20 Jahre später be-richtete. Und so landete Perry Rhodan 1961 auf dem Mond und zwar auf den Tag genau am 21. Juni 1971. Mit nahezu prophetischer Kraft hatte Scheer das Datum der Mondlandung vorausgesagt und sich dabei immerhin nur um zwei Jahre vertan (Armstrong landete am 21. Juni 1969 auf dem Erdtrabanten) Mittlerweile lebt der Held nun schon länger als sein eigentlicher Schöpfer. Über 600 Folgen hatte ihm der Autor selbst auf den Leib geschrieben. Später dann verteilte er die Arbeit auf ein Autorenteam, das nach genauen Anweisungen und an von Scheer erstellten Exposés zu arbeiten hatte. Möglicherweise ein Geheimnis des immer noch fortwährenden Erfolges. Seinen Höhepunkt erlebte die Serie allerdings in den 70er Jahren, in der sie eine Weltauflage von 523 Millionen Bänden erreichte – und sogar ins Japanische übersetzt wurde (kim)“.
Der Kulturverein Harheim erwarb „Perry Rhodan“ in aktualisierter Neuauflage in elf Bänden (79,95 €, mit Porto 84,94 €) im August 2019 auf Vorschlag von Karlheinz Fritz, Mitglied des KVH, hin. Er selbst stammt aus Heddernheim und ist mit der Familie Steubesandt befreundet.
Dem Erwerb der Bände für die Bibliothek des KVH im Rathaus, Philipp-Schnell-Straße 52, 65437 Frankfurt-Harheim, stimmte der Vorstand des KVH, Dr. Dagmar Wendler, Margot Schäfer, Ingo Leibold, Dr. Ute Spoerel, Dr. Frank Somogyi, in der Vorstandssitzung am 16.08.2019 zu.
Frankfurt am Main, den 16. August 2019
Zusammenfassung der Vorträge von Margot Schäfer und Karlheinz Fritz von Dagmar Wendler