Das Archäologische Museum würdigt die Harheimer Gräberfunde aus der 2. Hälfte des 5. Jh. bis zur 1. Hälfte des 8. Jh. mit einer Ausstellung vom größten Gräberfeld in Frankfurt aus der merowingischen Zeit. Seit 2009 wurden nördlich des Eschbachs Bestattungen ausgegraben. Die 140 ausgegrabenen Gräber machen die Hälfte bis eine Drittel aller Gräber des merowingischen und damit fränkischen Gräberfeldes aus. Wie das Archäologische Museum mitteilt, konnten im Nordosten die Bestattungen aus der Gründerzeit von Harheim aufgedeckt werden. Sie liefern ein Bild der teilweise sehr wohlhabenden und gut ausgestatteten Bevölkerung an der Wende vom 5. zum 6. Jahrhundert. Bis zum Ende der Belegung des Gräberfeldes im 8. Jh. lebte mindestens eine Familie von gehobener sozialer Stellung im Ort.
Kriegerdarstellung im Archäologischen Museum
In der frühen merowingischen Zeit lebten Krieger in Harheim, mit Pferden und Waffen ausgestattet, um die Niddaübergang mit Brücke im Umland Frankfurts zu schützen.
Drei Generationen sind als frühes Adelsgeschlecht wegen des Reichtums der Grabbeigaben anzusehen. Die Familie war vom König oder dem königlichen Beamten auf dem Königshügel in Frankfurt, dem späteren Domplatz, beauftragt, an der spätestens seit der Römerzeit genutzten Straße von Frankfurt über die Niddabrücke in Nord-Süd-Richtung, nach Norden in die Wetterau, wie zum Kastel Okarben, Friedberg und Echzell. Die Karte von Nicolaus Persson von 1689 zeigt noch den in Harheim hervorgehobenen, über die Niddabrücke führenden Handelsweg. Eine weitere Römerstraße, die Westgrenze Harheims, in Bonames Galgenstraße, führte gleichfalls dorthin. Die Straße über die Niddabrücke hatte also überregionale Bedeutung, die einen Schutz und Sicherung des Flussübergangs aus Königssicht erforderlich machte.
Der Schutz und die Verantwortung lagen in der Hand ausgewählter Männer des fränkischen Adels. Mindestens eine Familie von gehobener Stellung lebte dort. Dazu zählt offenbar noch der 40jährige Mann aus Grab 111 mit einer Holzkammer vom Anfang des 6. Jh. mit einem Ango (Lanze), der ihn als Angehörigen der fränkischen Elite auszeichnet.
Ango im Archäologischen Museum
Ein Ango weist am Anfang der Lanzenspitze Widerhaken auf langem, dünnen Schaftende auf. Der Angoträger war gut bewaffnet und beritten. Die Reitpferde (Gräber 42 und 83) zeigen, dass auch in der zweiten Hälfte des 6. Jh. die Sicherung des Niddaübergangs in Händen Harheimer Krieger lag. Es wurden drei Pferdegräber in Harheim gefunden. Reitpferde wählten im Frühen Mittelalter zu den Statussymbolen einer sozial hochstehenden Bevölkerungsgruppe. In Grab 83 trug das Pferd eine unverzierte Trense im Maul. Ein Pferdepaar (Grab 24), etwas kleiner, könnte einem Wagen für Damen gedient haben. Berittene Gemeinschaften treten im Bogen um Frankfurt auf, im Süden nicht, wo Wald war. Der Auftrag zur Sicherung der Stadt und zum Schutz insbesondere der Flussübergänge um Frankfurt herum erging vom königlichen Beauftragten, einer Adelsfamilie auf dem Frankfurter Domhügel.
Pferdeskelett aus Gräberfeld Scheiben-, Rosetten-, S-, Adler- und Pferdefibeln
im Archäologischen Museum
Mitte des 6. Jh. trugen Frauen Fibeln, teils in Adlerform mit roten Almandin- und grünen Glaseinlagen. Hochgestellte Frauen zu Beginn des letzten Drittels des 6. Jahrhunderts zwei Fibelpaare mit sich, silbervergoldete Bügelfibeln an einem Band als Statussymbol. Kleinfibeln dienten dem Verschluss des Obergewandes. Sie fallen ganz verschieden aus, so als runde Scheibe oder als Rosette, als Vogel, Adler, in S-Form als S-Fibel oder sogar in Reiterform in Silber. In den Gräbern Nrn. 84, 32, 59 wurden Ketten aus bunten Perlen geborgen, eine aus Meerschaum. Die Ketten waren um den Hals geschwungen.
Schmuck und Fibeln der fränkischen Tracht
im Archäologischen Museum
Kleinere Bügelfibeln wie die mit Adlerdarstellung trugen Frauen meistens zum Verschließen der Bluse, ebenso Rundfibeln aus Gold mit Almandin gefüllt. Sie zierte ein silberner Armreif, eine Kette mit Anhänger mit Steineinlage (Grab 131). Vom Gürtel herab wurden auch hängende Amulette mit verschiedenen Geräten wie Kamm, Speisemesser getragen, ein silbernes Ortband einer Messerscheide und ein silberner Lanzettanhänger. Das Grab 131 lag mit seiner Grabsohle 2,80 m unter der Oberfläche.
Ein achtjähriges Mädchen aus hochstehender Familie aus dem 6. Jh. stand womöglich noch in der Nachfolge des frühen Adelsgeschlechts (Grab 12). Im Mädchengrab vom Anfang des 8. Jh. (Grab 13) befand sich ein schwarzer Probierstein zum Prüfen des Goldgehalts, am Gehänge ab Gürtel ein zwei-reihiger Kamm und ein Spinnwirtel aus Geweih. Sie lebte zur Zeit des Mädchens, dessen Grab sich auf dem Domhügel befand.
Ein Frauengrab aus der 2. Hälfte des 6. Jh. lag ein Säugling am linken Knie (Grab 112). In Grab 118 aus dem frühen 7. Jh. lag ein etwa 40jähriger Mann in einer Holzkammer. Aus der 2. Hälfte des 6. Jh. bis zur 2. Hälfte des 7. Jh. stammen auch 20 kostbare Glasgefäße, darunter ein seltener Sturzbecher aus blauem Glas. Wohlhabende Familien nahmen am Handel teil.
Skelett eines Säuglings neben dem Knie der Mutter Glasgefäße im Archäologischen Museum
Aus der 2. Hälfte des 5. Jh. stammt Grab 135. Es beinhaltete einen Eimer aus Holz, daneben einen mit Metallbändern. Grab 130 weist eine Frau mit Sitzhocker von gehobenem Stand aus. Ein einfacher Eisenstab mit vier gebogenen Bronzebändern, Beschläge der Sitzholme, weisen auf den Klapp- oder Falthocker aus der Mitte des 6. Jahrhunderts hin. Es enthielt einen Silberanhänger, eine Glasschale mit schlingenartigem Fadenmuster, zwei mit Silberbändern gefasste Steinanhänger und einen flachen runden und mittig gelochten Bernstein in Form einer Scheibe als Amulett.
Frau mit Sitzhocker und diverse Grabbeigaben im Archäologischen Museum
Foto: Dr. Dagmar Wendler